Zum Inhalt springen

i-plakat

Soma Pysall im Interview

Soma Pysall Interview Hajra Para Wir sind King
Foto: Johannes Sommerhäuser
Startseite » Kino Serien Film » Soma Pysall im Interview

Soma Pysall spielt in der Serie „Para – Wir sind King“ Hajra, eine der vier Hauptrollen.

Soma Pysall ist seit 2012 in mehreren deutschen und internationalen Serien zu sehen. Durch ihre Rolle als traumatisierte Polizeistudentin und Mörderin im ARD Tatort „Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ unter der Regie von Hüseyin Tabak, erregte sie 2020 große Aufmerksamkeit.

Ihre Rolle Hajra kommt in „Para“ gerade aus dem Jugendarrest zurück in den Berliner Wedding. Dort herrscht das Gesetz der Straße. Hajra und ihre drei besten Freundinnen werden täglich mit Aggression und Rassismus konfrontiert. Doch sie wollen etwas aus ihrem Leben machen.

kulturIMBLOG hat mit Soma Pysall über ihre Rolle Hajra in „Para“, über die Zeit am Set und vieles mehr gesprochen:

Beschreibe deine Rolle Hajra in drei Worten!

Das ist immer super schwierig. Welche Person lässt sich in drei Worten beschreiben, oder? Da könnte man sagen impulsiv, tough, schlagfertig, lustig, leicht reizbar. Auf der anderen Seite ist sie aber auch unglaublich sensibel, hat ein liebevolles Herz und will geliebt werden. Ihre verletzliche Seite zeigt Hajra zwar selten aber es ist die Kombination dieser gegensätzlichen Energien, die ihren Charakter so komplex machen. Das waren jetzt keine drei Worte, aber es gibt immer so ein Außen und Innen, wie es ja auch ist, wenn man versucht sich selbst zu beschreiben.

Was waren deine Gedanken, als du zum ersten Mal das Drehbuch zu „Para – Wir sind King“ gelesen hast?

Mir hat es total Spaß gemacht die Drehbücher zu lesen. Es ist ein großes Geschenk wenn man Bücher in die Hand bekommt, die einen wirklich fesseln. Ich habe sie in einem Stück durch gelesen und dachte: „Wow, wie toll ist es, dass hier mal vier Frauen und deren Lebensgeschichten im Vordergrund stehen.“ Vor allem Frauen aus einem Teil der Gesellschaft, der in dieser Form ohnehin wenig mediale Aufmerksamkeit bekommt.  Angebote von so komplexen, handlungstragenden, weiblichen Figuren sind immer noch selten. Oft kriege ich Drehbücher zu lesen wo meine Figur nur „Love Interest“ ist und an der Seite der männlichen Hauptfigur agiert. Oder eine von Klischees behaftete Rolle mit Migrationshintergrund. Das ist bei „Para“ anders. Abgesehen von einer spannenden Story, erhält man Einblick in die Lebensrealitäten der Figuren, wodurch sie viel mehr Tiefe bekommen. Es war ein Traum, die Welt der Mädels über sechs Folgen zu erkunden und zu entwickeln. Für mich als Schauspielerin unglaublich wertvoll, da das Format mir die Chance gibt unterschiedlichste Facetten meiner Figur zu zeigen. Ich war schon beim lesen ganz aufgeregt, weil ich eine Geschichte aus dieser Perspektive (getriebene junge Frauen mit verschiedenen soziokulturellen Hintergründen, auf der verzweifelten Suche nach ihrem Platz in der Gesellsellschaft) so, in Deutschland jedenfalls, noch nie gesehen habe.

Hajra will ja in der Serie eine Ausbildung zur Klempnerin machen. Was hättest du gemacht, wenn du nicht Schauspielerin geworden wärst?

Ich wollte eigentlich immer Regie machen. Will ich auch immer noch. Ich hab‘ auch super viel hinter der Kamera gearbeitet. Als Regieassistentin, in der Ausstattung, als Set-Aufnahmeleitung und sowas. Dann hab‘ ich Film- und Theaterwissenschaften studiert. Bei der Schauspielerei war ich mir nicht so sicher, bin aber immer wieder auch vor der Kamera gelandet. Die Schauspielerei hat mich irgendwie angezogen und so bin ich von einer Rollenarbeit in die nächste gerutscht. Meine erste intensive Rollenvorbereitung war für den Tatort. Wenn ich wirklich überzeugt von einem Projekt bin, dann saugt mich das so richtig ein. Ich bin dann weit vor den Dreharbeiten schon so in der Gedankenwelt meiner Rolle, dass es mich völlig einnimmt. Das war auch schon früher so. Ich habe mit 15 Jahren angefangen und jetzt kann ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen. Vielleicht hätte ich sonst einfach den klassischeren Weg gewählt und mich an der Filmhochschule beworben, um direkt Regie zu studieren. Aber so ein komplett anderer Beruf… Weiß ich nicht.

Findest du, dass du persönliche Ähnlichkeiten mit Hajra hast?

Ja, sicherlich. Die Ähnlichkeiten kommen aber vor allem daher, dass ich bestimmte Gefühle, die Hajra hat, kenne und nachvollziehen kann. Ich denke, Zweifel, Angst, das Gefühl ungerecht behandelt zu werden oder das Bedürfnis gesehen und anerkannt zu werden sind Dinge, mit denen jede*r etwas anfangen kann. Ich musste nur herausfinden auf welche konkrete Art und Weise Hajra mit all diesen Gefühlen umgeht. Ich habe mich in den letzten Jahren zwar schon sehr geändert aber Hajra hat auf jeden Fall einige Verhaltensweisen die ich aus meiner Jugend kenne. Ich war zwar nicht ganz so krass aber definitiv viel impulsiver und stärker von meinen Emotionen getrieben als jetzt. Ich habe gelernt damit umzugehen, hoffentlich schafft Hajra das auch.. Aber abgesehen davon ist sie ist eigentlich schon ein eigener Mensch. Mir war es wichtig eine ganz konkrete Persönlichkeit für sie zu bauen. Sie ist sogar ein bisschen zusammengesetzt aus Menschen und Beobachtungen aus meinem Umfeld. Wie sie läuft, wie sie ihre Augen verdreht – da sind auch ein paar Freunde von mir drin. Und dann ist sie natürlich auch einfach so, wie die Jugendlichen hier vor meiner Tür im Wedding halt drauf sind. Meine Freundesgruppe früher hatte auch einen ähnlichen Vibe. Es kommen einfach nur ein paar aktuellere Slang-Worte dazu und das Schimpfwort-Vokabular ist definitiv ausgebauter!

Was würdest du an Hajra nicht mögen?

Ich glaube auf Anhieb würd‘ ich gar nichts finden. Klar könnte man sagen: „Mädel, entspann dich mal!“, oder: „Eck‘ mal nicht so viel an.“, aber ich find‘ das ehrlich gesagt voll sympathisch und befreiend. Man weiß bei Hajra, dass sie das nicht böse meint. Sie lässt sich halt nicht so beeinflussen und haut frei Schnauze raus, was sie denkt. Manchmal denk ich auch in meinem Alltag: „Soma, sei‘ mal bisschen mehr wie Hajra, dann würde es dir in manchen Situationen besser gehen.“ Neulich haben mich zum Beispiel ein paar Typen mega dumm von der Seite angemacht. Normalerweise hätte ich mir gedacht: „Ey, das lohnt sich nicht, einfach weiterlaufen.“ Aber dann dachte ich mir: „Ne man, was nehmen die sich raus, sich in mein Leben einzumischen. Labert mich mal nicht voll.“ Da merk‘ ich, dass die Hajra in mir bisschen rauskommt. Dann hab‘ ich die eben direkt darauf angesprochen und es war ehrlich gesagt voll bestärkend so aktiv damit umzugehen. Deshalb mag ich die Frauenfiguren in „Para“ so. Das sind Frauen, die selbstbewusst durch die Welt gehen und wissen was sie wollen. Die stehen für sich ein und schlucken nicht so viel runter. Das tut gut. Aber natürlich ist Hajra noch jung und hat viel zu lernen. Vor allem, wie sie in Zukunft mit dem Schmerz und den wütenden Gefühlen in sich umgeht, um sich selbst und die Menschen in ihrem Umfeld nicht mit unüberlegten Handlungen zu verletzen.

Unter einem Instagram-Post von dir schreibst du, dass du noch nie eine so starke Verbundenheit zu einer Rolle, sowie zu den Menschen im Team hattest. Versteht ihr euch in echt etwa genau so gut wie in der Serie. Wie war der Dreh?

Es war wirklich eine magische Zeit. Corona-bedingt haben wir vier Mädels über den gesamten Drehzeitraum zusammen in einem Haus gewohnt. Wir hatten kaum Kontakt zur Außenwelt. Über die Zeit hat sich eine echte Freundschaft zwischen uns entwickelt. Figuren und Privates haben sich total vermischt. Wir konnten uns gegenseitig dissen und waren super funny miteinander drauf. Die „Para“-Freundschaft hat sich ins reale Leben übertragen, was rückblickend total wichtig für die Arbeit am Set war. Natürlich gab es ein Drehbuch, aber dadurch, dass die Mädels unglaublich viel „rumslangen“ und ihre Dynamik von unvorhersehbaren Kleinigkeiten lebt, durften wir uns vom Text lösen. Wir haben viel improvisiert was den Szenen eine organische Lebendigkeit verliehen hat. Viele Momente, die es schlussendlich in die Serie geschafft haben, sind direkt am Set oder im Haus entstanden. Ich denke, deshalb fühlt sich die Freundschaft auch so natürlich und echt an. Manchmal passiert es einfach, dass ein Schlag Mensch zusammenkommt, der sich auf Anhieb versteht. So war das nicht nur unter uns Mädels, sondern mit dem gesamten Team. Wir hatten während der Dreharbeiten viel Spaß. Es wurden die lustigsten Geschichten untereinander ausgetauscht und wenn es dann hieß: „Jetzt drehen wir“, waren alle fokussiert und voll bei der Sache. Dieses Hin und Her zwischen: „Wir nehmen unseren Job sehr ernst“ und: „Wir können auch herum blödeln“, das war bei „Para“ besonders und hat für eine entspannte Teamatmosphäre gesorgt.

Redet Florian Renner alias Damion Davis in echt auch so viel wie in seiner Rolle als Pascal bei „Para“ und „4 Blocks“?

Naja, also er redet schon extrem schnell. Und viel? Nein, der kann auch ganz normal reden. Aber er ist schon eine Maschine. Er ist ja auch MC. Ich hab‘ mir in der Vorbereitung mal so ein Rapbattle von ihm angeguckt. Eigentlich wollte ich nur zwei Minuten reinhören, das Video ging aber eine Stunde. Ich war so angefixt, dass ich mir das komplette Ding gegeben habe weil ich einfach so geflasht von seinen Fähigkeiten war. Er hat auch seinen Text in „Para“ umgestaltet und mitgeschrieben. Er kann zwei Seiten in gefühlt zwanzig Sekunden runter reden. In manchen Szenen hat er seinen Text so schnell runtergerattert, dass er nach dem „Danke, aus!“  vom ganzen Team beklatscht und bejubelt wurde. Es war jedes Mal aufs Neue wie eine kleine Performance.

Wohin würdest du mit jemandem, der noch nie in Wedding war, als erstes gehen?

Irgendwo n‘ fettigen Shawarma essen. Es gibt so viele interessante Ecken hier. Ich glaube ich würde mit der Person erst so zur Ecke Badstraße/Pankstraße. Das ist da, wo die Girls in der Serie zusammen Shoppen gehen. Dann mit dem Schwararma in der Hand an der Panke entlang spazieren und zum Flakturm laufen. Dort hat man einen heftigen Panoramablick über Berlin.

Worauf freust du dich am meisten nach dem Lockdown?

Ich glaub einfach darauf, dass Bars, Tanzbars und Clubs wieder aufmachen. Ich hab‘ richtig Bock auf Tanzen mal wieder. Tanzen in einer Menschenmasse und ab und zu mal n‘ bisschen Schweiß abbekommen von irgendwem. Einfach Orte, an denen viele Menschen zusammenkommen. Ich freu‘ mich auch richtig aufs Kino, die dürfen ja jetzt endlich wieder aufmachen.

Wo wirst du als nächstes zu sehen sein?

Am 01. Juli 2021 auf ZDFneo. „Loving Her“ von Leonie Krippendorf. Da bin ich als Episodenhauptrolle zu sehen. Ist auf jeden Fall ne ganz andere Rolle als Hajra.

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert