Wir haben Liedermacher Konstantin Wecker anlässlich seiner Tour „Utopia 2.0 – Wir werden weiter träumen“ zum Interview getroffen. Das Gespräch führte Olaf Neumann.
Anlässlich der beiden Konzerttermine am 13. und 14. November 2023 im Circus Krone verlosen wir jeweils 1×2 Tickets. Um am Gewinnspiel teilzunehmen, muss man lediglich einen Kommentar unter diesem Artikel hinterlassen. Wir informieren rechtzeitig die glücklichen Gewinner*innen. Unsere Teilnahmebedingungen haben wir hier als Nachlese veröffentlicht.
Herr Wecker, mit „Utopia 2.0 – Wir werden weiter träumen“ knüpfen Sie an Ihr erfolgreiches Programm „Utopia“ von 2021 an mit frischen Arrangements und aktuellen Texten. Stellen Sie auch neue Lieder vor?
Konstantin Wecker: Ich habe im letzten Jahr keine ganz neuen Lieder geschrieben, dafür aber viel Prosa und Lyrik. Die Gedichte kommen einfach zu mir. Je älter ich werde, desto mehr stelle ich fest, dass sie schon immer viel
klüger und weiser waren als ich selbst. Ich habe mit 18, 19 Jahren Gedichte geschrieben, aber wenn ich mir heute anschaue, welch schrecklich eitles Ego ich in dieser Zeit hatte, kann ich nur dankbar sein, dass ich meiner Poesie
immer treuer geblieben bin als mir selbst.
Bereits 2021 haben Sie ein Album und ein Buch der positiven Vision gewidmet, Ihren Utopien. Seitdem hat
sich in der Welt vieles geändert. Haben Sie Ihre Utopien deshalb einer Überprüfung unterzogen?
Utopien sind ein ständiger Prozess der Suche und der kritischen Überprüfung, individuell wie kollektiv mit möglichst vielen anderen Menschen. Aber nein, ich musste gerade im letzten Jahr meine Utopien nicht verwerfen. Ich bin mir heute sogar noch sicherer, dass es die Aufgabe der Kunst ist, Utopien im Herzen zu bewahren und sie weiter an die Menschen zu geben bzw. sie zu teilen. Nach den Konzerten signiere ich immer und rede mit dem
Publikum. Die Leute danken mir dafür, dass ich ihnen Mut mache, zu sich selbst zu stehen. Und das ist das Entscheidende an der Kunst. Als Jugendlicher bin ich von meinen Mitschülern gebasht worden für meine ganzen verrückten Ideen. Dostojewski und Henry Miller konnten das in Worte fassen, was ich fühlte. Da habe ich mir gedacht: „Ihr könnt mich gernhaben! Ich vertraue diesen Autoren mehr als eurem Gerede“.
Die Poesie hat Ihnen also Mut gemacht, zu sich selbst zu stehen?
Ja, und nicht Ideologien hinterherzulaufen. In den 1970er Jahren ist die anarchische Revolution der Achtundsechziger unterwandert worden von verschiedensten Strängen: den Maoisten, der KPD/ML, den Stalinisten, den Trotzkisten. Die haben uns linken Sängern das Leben schwer gemacht und die Bühnen gestürmt, um ihr Weltbild zu verkünden. Aber mich als bekennenden Anarcho konnten sie nicht in ihr ideologisches Fahrwasser zwingen.
Wie stehen Sie zu den radikalen Aktionen der „Letzten Generation“? Kleben fürs Klima ist das angemessen?
Unbedingt. Sie kleben sich an, lassen nicht locker, verstecken sich nicht, sie zeigen Gesicht. Unangemessen ist eher das, was die offizielle Politik und Teile der Gesellschaft derzeit tun: nämlich nichts. Völlig unangemessen ist auch der Vergleich der „Letzten Generation“ mit der RAF. Das soll doch nur die Repression und Verfolgung der Klimaaktivist:innen legitimieren. Natürlich ließe sich über die verschiedenen Aktionen der „Letzten Generation“ diskutieren, aber ich kann die Jugend grundsätzlich verstehen. Sie hat ein Recht, sich so radikal zu engagieren bei dem, was ihr von uns alten Säcken angetan wird.
Sie begleiten den gesellschaftlichen Wandel seit 50 Jahren mit Ihren Liedern. Mit welchen Themen und Problemen sehen Sie sich immer wieder konfrontiert?
Selbst als ich kurz nach der Wende das Lied „Sage Nein!“ geschrieben hatte, dachte ich tragischerweise nicht, dass der Faschismus wieder zu einem Problem werden könnte. In den letzten 20 Jahren musste ich aber
feststellen, dass wir nie aufhören dürfen, den grauenvollen Holocaust zu thematisieren, weil immer noch alle Gefahren in uns wohnen. Der Neofaschismus macht mir wirklich Sorgen. Als immer schon pazifistischer Mensch macht mir auch die Remilitarisierung Angst. Das alles ermutigt mich noch mehr, meine Ideen auf der Bühne unter die Leute zu tragen. Heutzutage wirst du als Pazifist tausendfach beschimpft. Ich werde trotzdem bei „Utopia 2.0“ mein pazifistisches Credo und die entsprechenden Lieder singen.
Was würden Sie tun, wenn Ihr Publikum sich von Ihnen abwenden würde, weil Sie Pazifist sind?
Dann müssen die Leute mich eben verlassen. Meine Platte „Liebes flug“ kam raus, als ich gerade richtig berühmt wurde mit dem Lied „Willy“. Man erwartete von mir „Willy“ in allen Variationen. Ich habe dieses Lied auch gern gesungen (und tue es bis heute gerne), aber mit „Liebesflug“ kamen andere Texte zu mir, die mir auch wichtig sind. Anfang der 1980er war Punk angesagt, und ich ging mit einem Orchester auf Tour, was nicht besonders zeitgemäß war (lacht). Die Leute kamen wohl trotz meiner Musik zu mir. Aber es war mir egal, ich hatte etwas zu sagen! Es gab Konzerte, da haben die Leute in Scharen den Saal verlassen. Manche entschuldigten sich später dafür Interview mit Konstantin Wecker anlässlich seiner Tour „Utopia 2.0 – Wir werden weiter träumen“
Bis heute haben Sie rund 50 Filmmusiken geschrieben für Werke von Margarethe von Trotta, Helmut Dietl, Xaver Schwarzenberger oder Oskar Roehler. Hat Michael Verhoeven Sie für „Die Weiße Rose“ ausgesucht,
weil er Ihre antifaschistische Haltung schätzte?
Ja, das spielte eine Rolle. Ich durfte schon vorher für den antifaschististischen Film „Peppermint Frieden“ von Marianne Rosenbaum und für Margarethe von Trotta Musik komponieren, was sehr lehrreich war. Über diese Schiene kam ich auch zu meinen Schauspielengagements. In München habe ich gerade ein großes Konzert mit meinen Filmmusiken gegeben, was sehr anrührend war. Ich hatte großartige Regisseure wie Peter Patzak, Bernd Fischerauer, Helmut Dietl oder die Trotta.
Zu welcher Ihrer Filmmusiken haben Sie eine besonders emotionale Verbindung?
Vor allem zur „Weißen Rose“. Das musikalische Thema kommt in dem Film zwar vor, aber das Lied selbst nicht. Der Verleih meinte, ein Jetzt-Text würde zu diesem historischen Film nicht passen. Aber mein Lied „Die weiße Rose“ wäre ohne die Beschäftigung mit diesem Film nicht entstanden . Auch für Apollonia“, in dem neben mir mein jüngster Sohn Tamino mitgespielt hat, als er gerade fünf, sechs Jahre alt war, habe ich Musik geschrieben. Das war sehr anrührend. In meiner Zeit als Kabelträger beim Film und später als Softpornodarsteller habe ich nur Regisseure erlebt, die brachiale Megamachos waren. Brüllende Mannsbilder, die sich ganz toll fanden.
Und wie war die Zusammenarbeit mit Margarethe von Trotta?
Mit Margarethe von Trotta zu drehen war ein anderes Universum. Die Menschen am Set waren freundlich zueinander, und die Regisseurin sagte leise und sehr intensiv, was sie gerne hätte. Diese Art des Umgangs hat
mein Verhältnis zum Feminismus geprägt. Im Gedächtnis geblieben ist mir auch der antifaschistische Film „Wunderkinder“, in dem ich eine absolute Drecksau spiele: einen SS Sturmbandführer. Diese Dreharbeiten haben
mein Leben nochmals verändert. Als ich die Uniform anhatte, brauchte ich nicht zu spielen. Es war alles in mir. Nach zwei Wochen am Set war ich sauer, wenn die Komparsen mich nicht mit „Heil Hitler!“ begrüßt haben.
Abends habe ich meditiert und versucht, mich zu reinigen von diesem ganzen Schmutz. Ich habe gespürt: Es wohnt in uns, und wir müssen immer dran arbeiten. Darum heißt es auch in meinem „Lied an meine Kinder“: „Eine Bitte verwehrt mir nicht: tragt nie eine Uniform.“
Könnten Sie sich vorstellen, mit der Filmmusikgala auf Tour zu gehen?
Mit einem ganzen Orchester auf Tournee zu gehen, ist wahnsinnig teuer. Das muss man sich leisten können. Bei dieser Gala spielen wir Bilder aus den Filmen ein, aber keine Szenen. Mit einer Ausnahme: „Beim Jodeln juckt die Lederhose“. Es handelt sich aber um keine Sexszene, sondern um den bayerischen Brauch des „Fensterlns“: Ich lasse mich in der Szene an einem Seil zu einem Fenster herunter und schau durch ein Guckloch hinein. Zu dem Film habe ich nur ein einziges Lied geschrieben, „Vroni, druck‘ di her“.
Sie sind dieses Jahr 76 geworden und spielen immer noch dreistündige Konzerte…
Bei der Filmmusikgala in München (Anmerkung der Redaktion: in der Musik Arena auf dem Münchner Tollwood Sommerfestival 2023) hätten wir eigentlich vier Stunden gebraucht, aber um Punkt zehn musste der Strom abgeschaltet werden. Also, drei Stunden bin ich weiterhin auf der Bühne. Bei „Utopia 2.0“ werde ich von einer großen Band mit zwei Schlagzeugern begleitet.
Welche der vielen „Willy“ Versionen werden Sie diesmal zum Besten geben?
In meinen Duo und Trio Konzerten habe ich zuletzt auf den „Willy“ verzichtet. Bei meiner neuen Duo und Trio Tour „Die Lieder meines Lebens“ werde ich den Original Willy spielen . Und vielleicht schreibe ich bis zu „Utopia 2.0“ auch noch eine weitere Version meiner Talking Blues Gespräche mit Willy. Wir werden auf jeden Fall viele Stücke spielen, die das Publikum schon kennt, aber in neuer Gestalt. Interessant ist, dass ich schon vor 30 Jahren das Wort „Utopie“ in manchen Liedern verwendet habe.
Gibt es ein Lied in Ihrem umfangreichen Repertoire, das das Lebensgefühl der „Letzten Generation“ widerzuspiegeln scheint?
Ja, zum Beispiel habe ich in den 1980ern das Lied „Der Baum“ geschrieben. Es war die Zeit der Proteste gegen das Waldsterben und gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Ich singe es ähnlich wie den „Willy“ am Klavier und auf bayerisch. In dem Lied geht es um die Zerstörung des Waldes. Interessanterweise habe ich mich damals schon mit dem Thema Klimawandel beschäftigt, obwohl es noch nicht so stark in unserem Bewusstsein war.
Konstantin Wecker ist auch live zu erleben. Am 13. und 14. November steht er auf der Bühne im Circus Krone. Karten können hier erworben werden.
Habe ich die Verlosung schon verpasst? Ansonsten würde ich sehr gerne am Montag oder Dienstag zu Konstantin Wecker gehen. Ich bin flexibel und habe Zeit.
Schönes Konzert😘
Wecker my Love…
Ich würde so gern meinem Papa eine RIESEN-Freude damit machen und mit ihm dort hingehen!
Gut, besser, Wecker!
Da würd ich gerne mit meinem Mann hingehen, der liebt die Konstantin Wecker über alles.
Gerne
Ich mag ihn einfach!
DAS Konzert dieses Jahres! Und noch dazu im wunderbaren Circus Krone!
Ich würde so gern meinem Pa eine RIESEN-Freude damit machen und mit ihm dort hingehen!
Ganz toller Musiker, der nicht älter wird, nur besser!
Konstantin Wecker bringen mit seinen Liedern ein bisschen mehr Schwung und Glück in diese emotional so kalt gewordene Welt. Dafür liebe ich ihn.
Klingt sehr interessant! Ein wunderbarer Preis!
Hab ich zwar noch nie gehört, klingt aber sehr spannend und würde ich sehr gerne kennenlernen
Hört sich sehr gut an! Da will ich hin!
Ja zum Wecker Konstantin,
ging‘ ich verdammt gerne hin!
Ein Wahnsinn dieser Mann!
Ich habe gerade gesehen, dass ich schon kommentiert habe. Könnt Ihr den letzten Kommentar wieder löschen?
Danke.
Konstantin Wecker ist jedes Mal wieder super. Ich hoffe, ich habe den Einsendeschluss noch nicht verpasst.
„Ich singe, weil ich ein Lied hab,
Nicht, weil es euch gefällt.“
Mir gefällt es aber und deshalb würde ich gerne die Tickets gewinnen.
Konstantin Wecker ist immer wieder sehens- und hörenswert.
Konzerte mit Konstantin Wecker sind einmalig. Da wäre ich gerne dabei.
Ich würde gerne zum Konzert gehen.