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Desperados: Propagandafilm und Verrat an der Revolution

Filmstill ‚Desperados‘, Privates Filmarchiv

Zwei SPD-Minister finanzierten einen Propagandafilm gegen die bayerische Räterepublik

Anarchisten unterwandern die Arbeiterschaft, rauben und entführen, schüren Aufstand – und am Ende ereilt sie die Strafe: Sie werden von den Arbeitern erschlagen. So sah im Jahr 1919
ein antibolschewistischer Propagandafilm aus, der in München gedreht wurde. Die Aufwiegler sind Verbrecher, der Zorn des Volkes richtet sie, Recht und Ordnung sind wieder in Kraft.
Desperados hieß der Stummfilm; finanziert wurde er von zwei Ministern der Regierung
Eisner – sicher ohne dessen Wissen und unter strikter Geheimhaltung. Ein Verrat von
Sozialdemokraten an Revolution und Rätebewegung. Als der Film in die Kinos kommt, ist seine makabre Vision schon Geschichte: Die bayerische Räterepublik ist blutig niedergeschlagen. Moralisch diskreditiert auch.

Der Film ist verschollen und war lange Zeit vollkommen vergessen. Nun wurden Stills, Treatment sowie zahlreiche Dokumente wiederentdeckt: ein Fund, der die Perspektive auf Revolution und Gegenrevolution in Bayern schärft und radikalisiert. Rudolf Herz und Julia Wahren untersuchen mit ihrer Lecture Performance Desperados 1919 die Produktionsgeschichte, Rhetorik und Bildpolitik einer Propaganda, die eine ideologische Basis für den Nationalsozialismus bildete.

Das Schwere Reiter-Gelände als Aufführungsort ist mit der Performance eng verbunden:
Es befindet sich inmitten eines ehemals von Kasernen dominierten Quartiers. Und genau hier formierte sich der einzige Widerstand gegen die Produktion des Films, als sich Arbeiter der Artilleriewerkstätten an der Schwere-Reiter-Straße weigerten, als Statisten mitzuwirken. Die Munitionsarbeiter hatten den Kern des Januarstreiks von 1918 in München gebildet – eines Streiks für das Ende des Krieges und die Demokratisierung Deutschlands.

Rudolf Herz, Autor, Künstler und Medienforscher, und Julia Wahren, Regisseurin und
Performerin, befragen künstlerisch, historisch und theoretisch die Politiken des Erinnerns. Beide leben in München.

Die Filmaufführung gehört zu einer Reihe an Veranstaltungen und Installationen zum Thema „München Räterevolution und Politiken des Erinnerns“, welche vom 15. bis zum 17. Juni 2018 stattfinden. Das Projekt ist kuratiert von Joanna Warsza und gefördert von der Landeshauptstadt München. Weitere Infos undVeranstaltungen findet Ihr unter www.pam2018.de

Freitag 15. Juni | 20:30
Rudolf Herz & Julia Wahren
Desperados 1919
Lecture Performance in deutscher Sprache
Eintritt frei
Halle 6 / Schwere-Reiter-Gelände
Dachauer Straße 112 d, 80636 München

 

 

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