Das Antifa-Drama „Und morgen die ganze Welt“ erscheint am 29. November 2020 in den deutschen Kinos. Der Film geht ins Rennen um die Nominierung für einen Auslands-Oscar und wurde in den Wettbewerb der 77. Internationalen Filmfestspiele von Venedig eingeladen. Julia von Heinz, Regisseurin und Drehbuchautorin, zeichnet in ihrem Film ein Bild vom Deutschland des Jahres 2020, das aktueller und brisanter nicht sein könnte.
Luisa (Mala Emde) ist 20 Jahre alt. In Mannheim studiert sie im ersten Semester Jura. Heute ist ein wichtiger Tag für sie, das Mädchen aus gutem Hause, deren Leben immer noch von den Eltern finanziert wird, die aber endlich auf eigenen Beinen stehen will. Als sie beginnt sich politisch zu engagieren, trifft sie Batte (Luisa-Céline Gaffron), ihre beste Freundin seit Schultagen. Jetzt verwendet sich Batte für sie, als neue Wohngenossin im autonom geführten P81 aufgenommen zu werden. Von dort aus plant auch die örtliche Antifa ihre Aktionen gegen Rechtsradikale: Als Nächstes soll eine Wahlkampfveranstaltung der populistischen Liste 14 gestört werden, bei der einschlägig bekannte Größen der militanten Rechten als Security engagiert wurden – Protest unbedingt auf friedliche Weise, wie Batte betont. In einem Vortrag ruft Lenor (Tonio Schneider) die Versammelten aber auch dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen, Informationen über die Rechten zu sammeln. Kurz treffen sich die Blicke von Lenor und Luisa. Noch faszinierter ist sie von dem charismatischen Alfa (Noah Saavedra), der zu verstehen gibt, dass er nicht unbedingt daran denkt, sich an Battes Aufruf zur Friedfertigkeit zu halten.
Noch aber lebt Luisa auf dem Land bei ihren Eltern, in einem stattlichen Anwesen. Dort fühlt sie sich einsam und isoliert. Den Unterricht in der Uni empfindet Luisa als mühsam und brotlos:
Dem Recht sind in ihren Augen zu sehr die Hände gebunden, um dem Wiedererstarken der extremen Rechten wirksam die Stirn zu bieten. Umso lebendiger fühlt sich Luisa bei der Aktion auf der Wahlkampfveranstaltung. Wie im Rausch erlebt sie mit, wie die Antifa gemeinsam gegen die Populisten protestiert, zunächst friedlich, wie vereinbart. Doch als die Ordner immer ruppiger gegen die Protestierenden vorgehen, eskaliert die Situation zusehends. Mit Farbe gefüllte Eier fliegen. Luisa ist in ihrem Element: Ihr gelingt es, sich das auf den Boden gefallene Handy eines der Ordner zu schnappen und wegzurennen. Doch sie wird verfolgt, brutal zu Boden gerissen und überall betatscht. Ein vermummter Junge befreit sie mit dem Hieb einer Eisenstange aus der prekären Situation. Es ist Alfa. Gemeinsam gelingt ihnen die Flucht. Weil danach dicke Luft in der Gruppe herrscht, behält Luisa das geschnappte Handy zunächst für sich.
Zuhause betrachtet sie ihre Blessuren, nachts hat sie Albträume, erlebt den Übergriff gegen sich immer wieder aufs Neue. Sie bittet Batte, im P81 übernachten zu dürfen. Die hat gute Nachrichten: Luisa wird in die Gemeinschaft aufgenommen und kann einziehen. Sie wird in den Alltag eingebunden, in ihre neue Familie integriert. Sie sucht die Nähe von Alfa, lässt sich von ihm in Nahkampf unterrichten. Mit Lenors Hilfe können sie das Handy auswerten, das Luisa an sich genommen hatte, und erfahren so von einer Aktion der Nazis, die in Kürze eine Demonstration besorgter Bürger in einer kleinen, 60 Kilometer entfernten Gemeinde kapern wollen. Gemeinsam mit Alfa und Lenor spähen sie das Gelände aus, überprüfen mögliche Angriffspunkte und Fluchtwege und planen ihre Aktion: Während der Demo wollen sie auf dem Parkplatz die Autos der Nazis demolieren und dann wieder verschwinden. Luisa deutet an, dass sie gerne mit Alfa an vorderster Front mit dabei wäre – anders als der vorsichtige Lenor, der sich lieber im Hintergrund aufhält.
Abends geht es zu einer Party ins P81, wo die in der Szene schwer angesagten Neonschwarz ein Konzert geben. Die Stimmung ist ausgelassen. Alfa drückt Luisa ein Küsschen auf den Mund. Das weckt Erwartungen: Es ist unschwer zu sehen, dass Luisa ihn attraktiv findet. Doch dann geht er unvermittelt auf Abstand. Später sieht Luisa ihn mit einem anderen Mädchen.
Man spürt förmlich, dass es ihr einen Stich versetzt. Kurz davor hatte ihr Lenor nur halb spaßend gesagt, er hasse Alfa. Sie versteht, was er meint.
Zuhause nimmt Luisa an einer Hasenjagd teil. Sie hat Erfahrung im Umgang mit Schusswaffen, versteht es aber auch, im Anschluss die geschossenen Tiere auszunehmen. Ihr Vater (Michael Wittenborn) macht keinen Hehl aus seiner Ablehnung, dass Luisa in eine Kommune gezogen ist. Er gibt ihr aber auch zu verstehen, wie sehr er sie liebt. Und er erklärt sich bereit, ihr seinen Wagen am Wochenende zu leihen. Ihre Mutter gibt ihr noch ausgemusterte Kleidung mit – für ihre Flüchtlinge und andere Bedürftige. Was ideal für die Gruppe ist, die sich für ihre Aktion gegen die Rechten am Wochenende als feine Gesellschaft (ver)kleiden und im Fall einer Kontrolle vorgeben kann, auf dem Weg zu einer Hochzeit zu sein. Auf dem Weg werden sie tatsächlich von der Polizei gestoppt. Der Geistesgegenwart und Schlagfertigkeit von Luisa ist es schließlich zu verdanken, dass sie weiterfahren können, ohne durchsucht zu werden. Bei einem Rundgang durch den Ort ist die Anspannung spürbar. Als Luisa Zeuge wird, wie der Kellner eines vietnamesischen Restaurants, der sie noch in der vergangenen Woche bei ihrer ersten Erkundung des Terrains freundlich bedient hatte, verprügelt wird, wächst ihre Wut. Kurz darauf kann sie sich entladen, auf dem Parkplatz, wo die Gruppe um Alfa, nunmehr schwarz gekleidet und vermummt, die Autos der Rechten plattmacht. Luisa verspürt eine bisher ungekannte Energie, ein berauschendes Gefühl. Aufgeputscht vom Erfolg, drängt Alfa auf mehr: Jetzt müsse man die Gelegenheit beim Schopf packen und die Konfrontation mit dem rechten Gegner suchen. Lenor wendet sich ab. Die anderen machen mit, Luisa auch. Doch die Aktion geht nach hinten los. Bei einem Zweikampf wird Luisa schwer am Bein verletzt. Mit Mühe gelingt ihnen die Flucht. Alfa und Lenor wissen, dass Luisa ärztliche Hilfe braucht, haben aber Angst, sie in ein Krankenhaus zu bringen. Sie steuern das Zuhause von Dietmar (Andreas Lust) an, der auf dem Land im Haus seiner verstorbenen Mutter lebt.
Dietmar war früher ein wichtiger Kämpfer bei den Revolutionären Zellen und an vorderster Front dabei. Bis er nach einem Bombenanschlag in Frankfurt von der Polizei geschnappt wurde und jahrelang im Gefängnis saß. Nun ist er Anlaufstelle für junge Kämpfer, die Beistand brauchen. Er verarztet Luisa und lässt sie mit Alfa und Lenor übernachten. Als sie am nächsten Tag wach wird, liegt sie in einem Bett mit den beiden Jungs, gleich neben Alfa. Sie streicht über Alfas Arm, Lenor ergreift ihre Hand. Ein Moment ungewöhnlicher Zartheit. Nie haben sich die Drei einander näher gefühlt.
Wieder in Mannheim geht Batte hart ins Gericht mit Alfas Aktion: Gewalt gegen Sachen sei akzeptabel, Gewalt gegen Menschen ginge gar nicht. Die Konsequenzen seien immer katastrophal, andere müssten den Preis dafür bezahlen. Noch geht Luisa mit Batte, aber tief in sich drin ist sie längst auf Alfas Seite. Wenn es Recht und Gesetz schon nicht tun, findet sie,
ist es ihre Pflicht, der Mobilmachung der Nazis Einhalt zu gebieten, mit welchen Mitteln auch immer. Die alltägliche politische Arbeit im P81 empfindet sie als zunehmend mühselig. Sie fühlt sich fremd. Sie will was tun. Lenor ist es derweil gelungen, bei der Auswertung des von Luisa sichergestellten Handys auf die Spur eines großen Tiers der militanten Rechten zu kommen, der vor allem in den Neunzigern aktiv war, allerdings offenkundig immer noch Fäden zieht und Verantwortung für die Organisation spektakulärer Anschläge trägt. Alfa und Lenor wollen seinem Wohnort einen Besuch abstatten. Luisa kommt mit. Beim Warten vor dessen Haus erfährt Luisa erstmals, dass Alfa immer noch an der Uni eingeschrieben ist, drei Semester vor dem Abschluss steht. Ist er gar nicht so militant, wie er vorgibt? Dann kommt Bewegung in die Sache. Kartons und Gegenstände werden aus dem Haus getragen, ein paar Kilometer weiter in einem Lager versteckt. Als wieder Ruhe einkehrt, brechen Alfa, Lenor und Luisa dort ein und entdecken: Sprengstoff, Waffen, Unterlagen. Und ein Flugblatt mit einer Einladung zu einer Mittsommernachtsfeier am kommenden Sonntag. Sie stehen vor einer Entscheidung:
Sollen sie die Polizei verständigen? Sollen sie den Sprengstoff entwenden und verstecken? Oder gar selbst den Sprengstoff gegen die Nazis verwenden? Das Spiel, sollte es denn noch eines gewesen sein, wird spätestens jetzt blutiger Ernst. Fragt sich nur, wer von ihnen welchen Weg geht – und wie weit…
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