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Michael Altinger über Meinungsbildung und Kabarett

Michael Altinger im kulturIMBLOG Interview
Foto: Martina Bogdahn

Mit „Hell“ startet Michael Altinger seine „Kabarett-Trilogie“. Es geht um den Ausstieg aus der Monotonie der Vorstadt. Raus aus der immer gleichen Abfolge von Arbeit, Alkohol, verpasstem Sport und eheähnlichen Endzeitgegnern.

KIB: Das neue Programm trägt den Titel „Hell“. Was dürfen wir uns unter diesem Titel vorstellen?

Michael Altinger: Es geht mir schon um die Helligkeit, das Licht, auf das wir ja bekanntlich spätestens dann zusteuern, wenn wir nicht mehr vom Fleck kommen. Es geht auch um eine Reinheit, die die Menschheit immer gern verehrt hat und die, mit dem Einstieg ins Informationszeitalter, ausgestorben ist. Höchste Zeit also, noch einen letzten Versuch zu starten, selbst zur reinsten Reinheit zugelangen, ein moralisches Vorbild zu sein, eine echte Lichtgestalt.

KIB: Ein moralisches Vorbild zu sein ist ein hoher Anspruch, kann das gelingen?

Michael Altinger: Natürlich nicht. Sonst wird´s ja nicht lustig. Aber ich werde bei jeder Vorstellung mit den besten Vorsätzen starten, das verspreche ich. Scheitern werde ich trotzdem, weil jede Reinheit nach enormer Opferbereitschaft und Verzicht verlangt. Und dem folgen bekanntlich nicht einmal die größten Religionsgemeinschaften. Es wäre anmaßend von mir, mich ernsthaft darüber hinwegsetzen zu wollen.

KIB: Beim Titel „Hell“ könnte man auch an die Hölle denken. War das ihre Absicht?

Michael Altinger: Meine volle Absicht! Aber die Hölle spielt tatsächlich keine so große Rolle. Aber unwichtig ist sie auch nicht. Ich will ja wissen, wo alle Bösen hinkommen. Und dort muss es möglichst unangenehm und grausig sein. Wenn ich mich darauf verlassen kann, dann kann es mir sogar wurscht sein, wie mein eigener Himmel aussieht. Es reicht schon, auf die Bösen hinunterschauen zu können, von wo aus auch immer.

KIB: Glauben Sie, dass sie zu den Guten gehören?

Michael Altinger: Ja. Und ich glaube, das würde jeder von sich behaupten.

KIB: Herr Altinger, Sie wagen sich erstmals an eine Kabarett-Trilogie. Eine Geschichte, die sich über drei Programme strecken wird. Wie kam es zu dieser Idee?

Michael Altinger: Das Grundthema gibt für mich einfach so viel her, dass dafür die normale Länge eines einzigen Kabarettprogramms nicht ausreicht. Mit „normaler“ Länge meine ich maximal 95 Minuten, mit Pause. Ich will mein Publikum nicht ermüden. Schon allein, weil mir ein ordentlicher Schlussapplaus sehr wichtig ist.

KIB: Auf welche Geschichte dürfen sich die Fans im ersten Teil freuen?

Michael Altinger: Im Auftakt des Programms geht es um einen Autounfall, nix Schlimmes, ein ganz normaler Blechschaden. Der Schuldige bin eindeutig ich. Das ist die Wahrheit und dazu stehe ich. Aber dann kommen Kosten, Anwälte, Versicherungen und beste Freunde auf mich zu und allmählich verkommt die Wahrheit immer mehr zu einer Option und schließlich gibt es eine ganz neue Wahrheit, die für mich viel besser und günstiger ist.

KIB: Gehen Sie dabei auch auf aktuelle Ereignisse aus Gesellschaft und Politik ein?

Michael Altinger: Das kommt immer darauf an, wie mich ein Ereignis persönlich berührt oder beschäftigt. Ein Ereignis ins Programm zu nehmen, weil ich mir einbilde, dass der Zuschauer danach verlangt, das liegt mir nicht so. Da krampf ich ein und werde zum Humor-Dienstleister. Oftmals ist der Zuschauer sogar dankbar, wenn man ein aktuelles Ereignis eben gerade nicht direkt anspricht. Mir ist das Indirekte lieber. Da hab ich mehr Spielraum und es wird lustiger.

KIB: Und das Ganze wird, wie immer begleitet, von Ihrer Ein-Mann-Band, Martin Julius Faber?

Michael Altinger: Der Martin darf nicht fehlen. Zum einen, weil sich auf musikalischen Weg manche Inhalte leichter transportieren lassen. Zum anderen, weil ich den Martin auf der Bühne brauche, auch als Anspielpartner, aber in erster Linie als musikalische Stütze, die sich nie in den Vordergrund drängt. Das tut einem Narzissten wir mir sehr gut.

KIB: Der Handlungsort Ihrer Programme war bisher immer das bayerische „Strunzenöd“. Sind Sie inzwischen ausgewandert oder bleiben Sie bei Ihren Wurzeln?

Michael Altinger: Bei mir spielt immer alles in Strunzenöd. Es ist mein ganz persönliches Entenhausen. Da kenn ich mich aus, das ist meine geistige Heimat. Hier kann und darf alles passieren. Eine Spielwiese, die ich mir nicht nehmen lasse. Außerdem wären die Struzenöder schön beleidigt, wenn ich plötzlich Fremdgehen würde. Das gäbe enormen Ärger und den tu ich mir nicht an.

KIB: Sie stehen seit über 20 Jahren auf der Kabarettbühne. Was hat sich in dieser doch langen Zeit im Kabarett verändert?

Michael Altinger: Die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich stark erhöht. Kabarett wird immer wichtiger für die Meinungsbildung in der Gesellschaft. Es gibt inzwischen eine wahre Flut an unterschiedlichsten Informationen zu den einzelnen Ereignissen, dass der Energie- und Zeitaufwand, sich selbst daraus eine Meinung zu bilden, immer größer wird. Diese Zeit und diese Energie hat nicht jeder. Deshalb stützen sich viele Leute inzwischen auf Ihre Lieblingskabarettisten, von denen sie überzeugt sind, dass die sich schon eingehend genug mit der jeweiligen Materie beschäftigt haben.

KIB: Welche Bedeutung haben Kabarettisten heute?

Michael Altinger: In Bayern haben die bekanntesten Kabarettisten inzwischen einen Stellenwert, der früher vielleicht den berühmteren Volksschauspielern vorbehalten war. Ein Polt, ein Schleich, eine Monika Gruber haben heute eine Bedeutung, wie früher ein Gustl Bayerhammer, Max Grießer oder Ernie Singerl. Dabei wird aber der Begriff „Kabarettist“ heute immer schwammiger. Weil „Kabarett“ inzwischen für fast alles steht, was irgendwie lustig ist. Denn meistens wird dann etwas geboten, das ich eher mit „komödiantischer Folklore“ überschreiben würde.

KIB: Was unterscheidet denn „Kabarett“ von „komödiantischer Folklore“

Michael Altinger: Bei der komödiantischen Folklore rammt die Zuschauerin ihrer Nachbarin den Ellenbogen begeistert in die Seite und sagt: „Genau wie mein Mo dahoam!“ Beim Kabarett rammt die Zuschauerin ihrem Mann den Ellenbogen begeistert in die Seite und sagt: „Das tät der Nachbarin aber nicht gefallen!“

Am Donnerstag, den 2. Februar 2017, ist Michael Altinger mit „HELL“ im Münchner Lustspielhaus zu sehen. Wir verlosen hier 1×2 Karten!

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